Was passiert bei Osteoporose?

Bei Osteoporose ist die Anzahl der Knochenbälkchen im Knocheninnern (Spongiosa) und deren Verknüpfung untereinander vermindert. Auch die äußere Knochenschicht (Kortikalis) ist oft dünner als bei einem gesunden Knochen. Daher hat die Osteoporose-Patientin/der Osteoporose-Patient ein größeres Risiko, bei Stürzen oder im Zusammenhang mit alltäglichen Tätigkeiten (wie z.B. Heben oder Tragen) einen Knochenbruch zu erleiden.

Wie kann man das Knochenbruchrisiko einschätzen?

Wie hoch das Knochenbruch-Risiko einer Osteoporose-Patientin/eines Osteoporose-Patienten wirklich ist, kann anhand bestimmter Risikofaktoren eingeschätzt werden. Risikofaktoren für Knochenbrüche sind :

•Lebensalter und Geschlecht

•Verminderung der Knochendichte

•erbliche Vorbelastungen

•bestimmte andere Erkrankungen

•Einnahme knochenschädigender Medikamente

•vorliegende Knochenbrüche

•Sturzgefährdung

Ein Risikofaktor für sich allein betrachtet (z.b. die Knochendichte) kann das Knochenbruchrisiko dabei in der Regel nicht ausreichend abbilden. Denn bei gleicher Knochendichte hat zum Beispiel eine 80-jährige Frau ein etwa 10-fach höheres Knochenbruch-Risiko als eine 50-jährige Frau. Frauen allgemein sind deutlich gefährdeter sich Knochen zu brechen als Männer.

Das Knochenbruchrisiko einer Patientin/eines Patienten ist entscheidend für die ärztliche Entscheidungsfindung in Hinblick auf

• das Einleiten von Abklärungsuntersuchungen

•eine mögliche medikamentöse Behandlung der Osteoporose

Wem wird eine Osteoporose-Abklärung empfohlen?

Folgende Personen sollten eine Osteoporose-Abklärung vornehmen, da sie ein hohes Knochenbruchrisiko haben:

Frauen ab 70 und Männer ab 80 Jahren

Frauen und Männer, die sich im Rahmen einer alltäglichen Situation bereits einen oder mehrere Wirbelkörper gebrochen haben

Frauen ab 60 und Männer ab 70 Jahren mit folgenden Risiken:

• Untergewicht (Body-Mass-Index < 20)

• Nikotinkonsum (Rauchen, Schnupftabak)

• Bruch von Arm, Fuß, Bein, Rippen oder Becken

• (Ober)Schenkelhalsbruch von Vater oder Mutter

• mehr als zwei Stürze im Jahr ohne äußeren Anlass

• Immobilität (eingeschränkte Gehfähigkeit <100 m)

Frauen und Männer, die an bestimmten Krankheiten leiden oder längerfristig bestimmte Medikamente einnehmen:

Erwachsene in jedem Lebensalter

• die länger als drei Monate hochdosiert kortisonartige Tabletten

einnehmen

• mit einer Überfunktion der Nebenniere

• mit einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen Frauen ab 50 und Männer ab 60 Jahren

• die niedrig dosiert mit kortisonartigen Tabletten behandelt werden

• mit Wachstumshormon-Mangel bei Erkrankung der Hirnanhangsdrüse

•die mit Glitazonen bei Diabetes mellitus Typ 2 behandelt werden (gilt nur für Frauen)

Frauen ab 60 und Männer ab 70 Jahren

•nach einer weitgehenden oder kompletten Entfernung des Magens

•mit rheumatoider Arthritis

•die an Epilepsie leiden

•mit Diabetes mellitus Typ 1

•mit Überfunktion der Schilddrüse

•die sturzbegünstigende Medikamente wie Schlafmittel oder Antidepressiva einnehmen

•unter Behandlung mit Aromatasehemmern nach Brustkrebs

•unter antihormoneller Behandlung nach Prostata-Karzinom

Wie verläuft eine Osteoporose-Abklärung?

Zunächst wird in einem Arzt-Patientengespräch und anhand einer körperlichen Untersuchung das Osteoporose- und Knochenbruch-Risiko der Patientin/des Patienten ermittelt.

•Prüfung von altersunabhängigen Risiken (wie z.B. Untergewicht, Nikotinkonsum oder erbliche Belastung)

•Beurteilung der Sturzgefährdung der Patientin/des Patienten  (anhand von Koordinations- und Sturztests)

•Frage nach sturzbegünstigenden oder knochenschädigenden Krankheiten bzw. Medikamenten

•Frage nach möglichen Folgeerscheinungen einer OsteoporoseErkrankung (Schmerzen oder körperliche Einschränkungen nach Knochenbrüchen)

Sollte sich ein Osteoporose- und Knochenbruch-Risiko bestätigen, erfolgt eine Knochendichtemessung mittels der DXA-Methode an der Lendenwirbelsäule und an der Hüfte. Die Messung klärt in der Regel, ob eine Osteoporose vorliegt. Aber nur in Kombination mit den anderen Risikofaktoren (wie Alter oder Geschlecht) ermöglicht sie eine Aussage über den Nutzen einer medikamentösen Behandlung der Osteoporose auf der Grundlage des vorliegenden Knochenbruch-Risikos. Alle anderen Knochendichte-Messmethoden (wie z.B. Ultraschall, Computertomographie) haben in diesem Punkt (von Einzelfällen abgesehen) eine eingeschränkte Aussagekraft.

Vermutet der Arzt, dass bei der Patientin/dem Patienten bereits ein Wirbelkörperbruch vorliegt, kann er eine Röntgen-Untersuchung (oder ein anderes bildgebendes Verfahren) der Wirbelsäule veranlassen. Bei einer niedrigen Knochendichte wird er zudem auch eine Blutuntersuchung veranlassen, um sicherzustellen, dass die Patientin/der Patient an keiner anderen (Knochen-)Erkrankung leidet, die anders oder umfassender behandelt werden müsste. Zudem ist eine Überprüfung der Nierenfunktion anhand des Blutbildes vor einer Behandlung mit Osteoporose-Medikamenten wichtig. Denn die meisten der Osteoporose-Medikamente sind bei hochgradiger Nierenschwäche nicht zugelassen.

Wie kann Osteoporose behandelt werden?

Für die Behandlung der Osteoporose werden folgende Basismaßnahmen empfohlen:

•Ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D

•Vermeidung von Untergewicht

•Vermeidung von Nikotin (Rauchen, Schnupftabak)

•Training der Muskelkraft und Balance mit dem Ziel, die Stand- und Gangsicherheit zu verbessern. Als fördernd wird auch das sogenannte Funktionstraining in Osteoporose-Selbsthilfegruppen angesehen

•Sturzvorbeugung

•Überprüfung von Medikamenten auf mögliche knochenschädigende oder sturzfördernde Wirkung

Bei vorliegendem hohen Knochenbruch-Risiko wird darüber hinaus eine Behandlung mit speziellen Osteoporose-Medikamenten empfohlen. Das Knochenbruch-Risiko wird dadurch innerhalb von wenigen Monaten erheblich verringert. Vor einer medikamentösen Behandlung der Osteoporose sollte mit dem behandelnden Arzt eine individuelle Nutzen-Schaden-Abwägung erfolgen! Die Behandlung der Osteoporose als chronischer Erkrankung ist (abgesehen von wenigen Ausnahmen) eine Langzeitbehandlung.  Die Dauer der Behandlung ist abhängig vom vorliegenden Knochenbruch-Risiko und der Gesamtsituation der Patientin/des Patienten. Die medikamentöse Behandlung hat nach ihrem Absetzen wahrscheinlich keine längerfristigen nachhaltigen Effekte. Verlässliche Studiendaten dazu liegen nicht vor.

Eine regelmäßige Besprechung mit dem Arzt über die Behandlung (z.B. über die Medikamentenverträglichkeit und Schmerzen nach Brüchen) wird ebenso empfohlen wie die regelmäßige Prüfung des aktuell vorliegenden Knochenbruch- und Sturzrisikos der Patientin/des Patienten. Zur Beurteilung des Behandlungserfolges ist der Knochendichte-Messwert nur eingeschränkt aussagekräftig. Die Wirkung der meisten Medikamente (z.B. Bisphosphonate) auf den Knochen ist mit und ohne Anstieg der Knochendichte gleich gut. Ein deutlicher Abfall der Knochendichte um mehr als 5% in zwei Jahren sollte jedoch zu einer Überprüfung der Therapie führen.

Wie behandelt man mit Wirbelkörperbrüchen verbundene Schmerzen?

Tritt bei einer Osteoporose-Patientin/einem Osteoporose-Patienten ein heftiger Rückenschmerz auf, der längere Zeit anhält, deutet dies auf einen frischen Wirbelkörperbruch hin, auch wenn ein solcher auf dem Röntgenbild anfänglich noch nicht erkennbar ist. Die Schmerzen nach einem Wirbelkörperbruch sind in den ersten drei Monaten ausgeprägt. Sie können eine Schmerzbehandlung im Krankenhaus notwendig machen. Zumeist gehen sie aber nach diesem Zeitraum von selbst zurück oder verschwinden vollständig. In vielen Institutionen wird heute bei akuten Wirbelkörperbrüchen Knochenzement zur Schmerzlinderung in den gebrochenen Wirbelkörper eingebracht. Diese Methode kann zu Komplikationen führen. Es ist auch noch unklar, wann man diese Methode durchführen soll und welchen Nutzen sie im Einzelfall hat. Institutionen, die solche Verfahren anwenden, sollten diese nur in Erwägung ziehen

•nach einer intensiven Schmerzbehandlung über drei Wochen

•wenn es wahrscheinlich ist, dass sich die Schmerzen nicht auf andere gleichzeitig vorliegende Wirbelsäulenbeschwerden zurückführen lassen

•nach ausgiebiger Diskussion mehrerer Experten Langzeiterfahrungen bezüglich der Risiken und des Nutzens der Methoden liegen noch nicht vor. Der Nutzen einer möglichen Aufrichtung der Wirbelkörper durch Knochenzement ist derzeit nicht belegt. Zur Behandlung chronischer Schmerzen infolge zeitlich bereits zurückliegender Wirbelkörperbrüche haben sich krankengymnastische und physikalische Maßnahmen (z.B. Interferenzstrom-Therapie, Wärmetherapie), die Anwendung schmerzlindernder Medikamente und das Tragen von Miedern (Orthesen) bewährt.

Wichtig ist bei chronischen Schmerzen immer auch die Behandlung evtl. Begleiterkrankungen, wie z.B. einer Depression.

Wie können Sie Osteoporose und Knochenbrüchen vorbeugen?

Vermeiden Sie Untergewicht ! Nehmen Sie täglich ca. 1000 mg Kalzium zu sich, z.B. über den Verzehr von Milch-Produkten und/oder von kalziumreichen Mineralwässern .

Vermeiden Sie eine Gesamtzufuhr von mehr als 1500 mg Kalzium pro Tag (= gerechnet Kalzium in der Nahrung + in evtl. zusätzlich eingenommenen Kalzium-Tabletten)!

Sorgen Sie für eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 und Folsäure !

Verzichten Sie Ihren Knochen zuliebe auf Nikotin (Rauchen, Schnupftabak)!

Trainieren Sie Ihre Muskelkraft und Balance mit dem Ziel, die Stand- und Gangsicherheit zu verbessern!

Betreiben Sie Sturzvorbeugung im Alltag (z.B. über die Beseitigung von Stolperfallen)!

Bewegen Sie sich täglich mindestens eine halbe Stunde bei Sonnenlicht im Freien! Denn durch Sonnenlicht kann Ihre Haut das für die Knochen und die Vermeidung von Stürzen wichtige Vitamin D bilden. Ziehen Sie alternativ ggf. 800-2000 IE (=Internationale Einheiten) Vitamin D3 täglich (oder eine höhere Dosis in größeren Abständen) in Betracht!

Überprüfen Sie zusammen mit Ihrem Arzt gezielt die Einnahme und Dosis folgender Medikamente

Antidepressiva, Glitazone (spezielle Medikamente zur Diabetes-Behandlung – nur bei Frauen),

kortisonartige Medikamente in Tablettenform, Medikamente, die einen Blutdruckabfall im Stehen verursachen können,

Mittel gegen Epilepsie, Psychopharmaka, Schilddrüsen-Hormone, Schlafmittel, spezielle Mittel gegen Magensäure (langjährige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren). Diese Medikamente können unter Umständen Osteoporose und/oder Stürze begünstigen!